Im Jahr 2012 war die Lage in Europa, nach der der Finanzmarktkrise von 2008 und dem Schuldenschnitt in Griechenland so angespannt, dass der damalige EZB-Chef Mario Draghi den legendären Spruch „whatever it takes“ verkündete und die EZB zur Unterstützung des Bankensystems vielfältige Maßnahmen startete. Im Mittelpunkt stand die Schaffung der Kapitalmarktunion mit ihrem 3-Säulen-Programm:
1. Die Schaffung einer Europäischen Bankenaufsicht für Großbanken
Es wurde klar, dass auf den Bilanzen mancher Banken viel zu hohe Risiken schlummerten, die durch die Finanzmarktkrise hervortraten. Andererseits besaßen deutlich zu wenig Rückstellungen dafür und die meisten Banken wurden im großen Stil von den Staaten mit Steuergeldern unterstützt. Dies führte zu einem signifikanten Schuldenanstieg der jeweiligen Staaten. Die Lehre daraus war, dass Großbanken ab einer Bilanzsumme von 35 Mrd. Euro unter die Fittiche der neuen Europäischen Bankenaufsicht „European Banking Authority“ (EBA) gestellt wurden. Im Laufe der vergangenen Jahre stellte diese einen Anforderungskatalog für die Banken zusammen, der deutlich höheres Eigenkapital, eine strengere Überwachung von Bilanzpositionen und deutlich verschärfter Offenlegungspflichten von Banken fordert.
2. Ein einheitlicher Bankenabwicklungsmechanismus
Nicht alle Banken, die ab 2008 in Schieflage gerieten, konnten gerettet werden. In fast jedem europäischem Land gab es mindestens eine Bank, die in den Folgejahren der Finanzmarktkriese abgewickelt oder Restbestände in andere Banken integriert wurden, z.B. die Abwicklung der Westdeutschen Landesbank oder die Integration der ehem. Dresdner Bank in die Commerzbank in Deutschland. Die signifikante Anzahl von Kleinbanken reduzierte sich in Europa während dieser Zeit durch Fusionen oder Integrationen erheblich.
3. Die europäische Einlagensicherung
Die dritte Säule der Kapitalmarktunion wurde bisher eher stiefmütterlich behandelt. Doch im Frühjahr 2024 startete der nächste Teil. Die EU-Einlagensicherung implementiere den Start des Europäischen Einlagensicherungssystems, in das nun alle europäische Banken einzahlen und der andererseits für allen Banken in Europa im Bedarfsfall für die Unterstützung der Spargeldeinlagen zu 50% genutzt wird, der Rest kommt weiterhin von den Nationalstaaten (siehe Artikel: https://smart-investor-coaching.com/was-bedeutet-die-neue-eu-einlagensicherung-fuer-anleger/). Ziel ist, Steuergelder so weit wie möglich für den Bankensupport zu reduzieren.
Doch einen innereuropäischen Banken-Kapitalmarkt hat die EU deshalb noch lange nicht. Der europäische Bankenmarkt ist weiterhin von starker Zersplitterung und Nationalstaatenabhängigkeit geprägt. Darunter leidet vor allem die Wirtschaft und das macht die europäische Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen deutlich ineffizienter im internationalen Vergleich.
Das soll sich nun ändern. Frau Lagarde führte dieses Thema letzte Woche auf die Agenda und wird von vielen Staaten unterstützt, da die wirtschaftliche Misere und die schwache Konkurrenzfähigkeit durch hohe Kosten und Bürokratie inzwischen viele Firmen veranlassen, einen Teil ihrer Produktion ins Ausland zu verlagern. Damit steigt hierzulande die Arbeitslosigkeit, während die Nachfrage und Konsumausgaben sinken, was den wirtschaftlichen Abwärtszyklus verstärkt.
Doch mit der innereuropäischen Öffnung von Finanzierungsmöglichkeiten und frischem Kapital, ist dies eine hervorragende Möglichkeit, das Investitionsvolumen von Unternehmen in Europa zu steigern und damit wieder das Wirtschaftswachstum anzukurbeln. Natürlich bringt die Steigerung der Effizienz auch einen Wandel mit sich. Doch gerade da, sollten wir ruhig einen Blick in Richtung USA werfen, wie dort die Menschen und Unternehmen mit Veränderungen umgehen. Sie sehen die Vorteile der Verbesserung als zentralen Leitpunkt. Gerade vor dem Druck höherer Vertriebskosten (erwartete Zölle) in die USA, stellt die Öffnung der Bank- und Kapitalmärkte einen erheblichen Kostenvorteil für Unternehmen, und damit für Wachstum in Europa, dar.
Was können wir von einer möglichen Umsetzung in Zukunft davon ableiten?
- Finanzierungen werden für Unternehmen, unabhängig von Leitzinssenkungen, deutlich günstiger.
- Es wird mehr Finanzierungsmöglichkeiten für Startups geben.
- Ein deutlich größeres Angebot für Sparer.
Gerade im Start-Up Bereich hinkt Europa den USA deutlich hinterher. Wie die EU erst kürzlich veröffentlichte (https://www.consilium.europa.eu), beträgt der Anteil von Risikokapital (Start-Up-Finanzierungen) in den USA 1% vom Bruttoinlandsprodukt und in Europa gerade einmal 0,1%. Europas Potential ist also sehr groß.
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Ihre
Ulrike Hock
SmartIC – Smart Investor Coaching
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